Koordinierungsstelle für Interoperabilität im Gesundheitswesen

Interoperabilität im Gesundheitswesen beinhaltet das Vereinen verschiedener technischer Systeme, um eine nahtlose Kommunikation und ggf. einen automatisierten Datenaustausch zu ermöglichen. Insbesondere vor dem Hintergrund einer komplexen, fragmentierten IT-Landschaft im Gesundheitswesen ist dafür die Definition und Einhaltung von technischen Standards erforderlich. Dem bei der gematik GmbH angesiedelten Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen – KIG – (vormals Koordinierungsstelle für Interoperabilität – IOPKOS) obliegt die Aufgabe, die Entwicklung solcher Standards im Dialog mit der Fachcommunity voranzutreiben.

Um zu bewerten, ob Ausrichtung, Strukturen und Prozesse der Koordinierungsstelle für Interoperabilität (IOP-KOS) geeignet sind, diese Aufgabe zu erfüllen, führte die inav GmbH eine Evaluation der Koordinierungsstelle durch. Darüber hinaus wurde eine Bewertung der nationalen Wissensplattform INA vorgenommen. Im Rahmen der Evaluation wurden Verantwortliche der IOP-KOS, Mitglieder des Interop Councils sowie Expertinnen und Experten für Interoperabilität im Gesundheitswesen zu ihren Erfahrungen mit der IOP-KOS und der Wissensplattform INA befragt.

Aufbauend auf den Ergebnissen der Erhebung wurden Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, um eine nachhaltige Ausrichtung und Weiterentwicklung der IOP-KOS für das Gesundheitswesen zu gewährleisten.

Methodik

In der Evaluation wurde ein Mixed-Methods-Ansatz verfolgt, der qualitative und quantitative Erhebungen umfasste. Als Datenquellen dienten:

  • 32 leitfadengestützte Einzelinterviews mit Interoperabilitätsexpertinnen und -experten
  • Fokusgruppe mit Mitgliedern des Interop Councils
  • Online-Survey mit 190 Teilnehmenden
  • Dokumentenanalyse
  • Analyse der Wissensplattform INA

Die finale Einordnung und Bewertung der Ergebnisse der Erhebungen wurden mittels einer SWOT-Analyse durchgeführt. Anschließend wurden daraus  Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für eine Weiterentwicklung der IOP-KOS und der Wissensplattform INA abgeleitet.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass die Einrichtung der Koordinierungsstelle für Interoperabilität von allen Befragten positiv bewertet wurde. Durch die IOP-KOS wurden die Transparenz und Sichtbarkeit für das Thema Interoperabilität deutlich erhöht und das Bewusstsein für die Relevanz des Themas geschärft. Dies spiegelt sich auch im hohen Vernetzungsgrad der IOP-KOS wider. Zudem konnte gezeigt werden, dass das Interop Council als neutrales, von Expertinnen und Experten getragenes Gremium großen Rückhalt innerhalb der Fachcommunity erfährt.

Die Ergebnisse zur Informations- und Wissensplattform INA verdeutlichen, dass die Fachöffentlichkeit die Plattform hauptsächlich für Informationszwecke nutzt, insbesondere zum laufenden Stand der Entwicklungen im Bereich Interoperabilität und zu den Aktivitäten der Akteure (IOP-KOS, Interop Council und IOP-AK). Die Inhalte, vor allem die Informationen zu Standards und Verfahren, seien im Vergleich mit der Vorgängerplattform vesta nun transparenter und besser auffindbar. Die Detailtiefe und Relevanz der Inhalte werden größtenteils positiv bewertet. Dennoch gib es Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit und einer stärkeren Berücksichtigung praxisrelevanter Use Cases.

Handlungsempfehlungen

Mögliche Maßnahmen zur Stärkung der IOP-KOS umfassen die Weiterentwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Durchsetzungskraft der IOP-KOS sowie den Aufbau einer stärkeren fachlich-technischen Kompetenz aufseiten der IOP-KOS. Weitere Schritte könnten in einer Klarstellung von Zuständigkeiten im Themenfeld Interoperabilität sowie in der Einführung von Qualitätssiegeln und Zertifizierungen liegen. Ebenso wird die Förderung von Interaktionsformaten sowie eine noch engere Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Gesundheitssektor und der Spezifikations-Community (z. B. HL7 Deutschland) vorgeschlagen.

Durch gezielte Maßnahmen kann die IOP-KOS als Kompetenzzentrum für Interoperabilität im deutschen Gesundheitssystem noch besser etabliert werden. Somit kann die IOP-KOS die Interoperabilität in einem digital vernetzten Gesundheitswesen weiter stärken.

Ein Interview mit Dr. Malte Haring zur Evaluation der Koordinierungsstelle für Interoperabilität im Gesundheitswesen gibt es auf der Wissensplattform INA.

Rahmenprogramm Gesundheitsforschung

Zwischenevaluation des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung der Bundesregierung

Mit dem Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung soll eine hochwertige Gesundheitsforschung in Deutschland gefördert werden. Als gemeinsames Programm des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) werden darin wichtige Förderaktivitäten koordiniert und gemeinsame Schwerpunkte verfolgt. Als operativ-ausführendes Ministerium finanziert das BMBF das Rahmenprogramm und setzt die Förderaktivitäten um.

Im Rahmen einer Zwischenevaluation wurde die inav GmbH mit der Prüfung des Rahmenprogramms beauftragt. Evaluationsziel war dabei einerseits die Prozessevaluation sowie andererseits eine frühe wirkungsevaluatorische Begutachtung, um Weiterentwicklungspotenzial und Handlungsempfehlungen für die verbleibenden vier Jahre des Rahmenprogramms zu identifizieren.

Methodik

Um die Wirkungsentfaltung der Handlungsfelder und damit verbundene Förderaktivitäten in eine Wirkungslogik zu übersetzen, wurde im Rahmen der Evaluation in Abstimmung mit dem BMBF ein Wirkungsmodell entwickelt. Um die Ziele des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung zu erreichen, stellt das BMBF finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung (Input). Darunter fallen Fördermittel für die Projektförderung, Mittel zur Umsetzung unterstützender Maßnahmen (z. B. Informationsveranstaltungen) und Mittel zur Verwaltung des Förderprogramms. Mit Unterstützung der Projektträger werden spezifische Förderrichtlinien innerhalb der Handlungsfelder sowie unterstützende Maßnahmen konzipiert. Dieser finanzielle und personelle Input entfaltet seine Wirkung durch die Auszahlung der Fördermittel an die Zuwendungsempfänger und durch die Umsetzung der Förderrichtlinien in Projekten. Dieser Prozess lässt sich durch die Erhebung von Prozessindikatoren nachvollziehen und bewerten. Indikatoren für Prozessqualität sind beispielsweise die effektive und effiziente Umsetzung der Fördermaßnahmen (Vollzugs- und Maßnahmenwirtschaftlichkeit), der Grad der Erreichung der Zielgruppen oder eine ausgeglichene regionale Verteilung der Förderung. Zudem fließt die subjektive Bewertung bezüglich der Förderung im Allgemein (sowie deren Prozesse) durch die Zuwendungsempfänger in die Prozessqualität ein. Durch die Förderung werden in den Projekten Forschungsergebnisse erzielt, die auf die Handlungsfelder und Ziele des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung einzahlen (Wirkung). Das Ausmaß der Zielerreichung wird durch Wirkungsindikatoren gemessen.

Zusätzlich zu den im Wirkmodell durchgeführten Untersuchungen wurde eine Kohärenzanalyse, eine Wirtschaftlichkeitsanalyse und ein internationaler Vergleich zum Forschungs-Output vorgenommen. Es standen hierfür Daten aus dem Projektförderinformations-System (Profi-Datenbank) zur Verfügung. Es wurden insgesamt 3.872 Vorhaben in die Auswertung aufgenommen. Daneben wurden Informationen aus 86 veröffentlichten Förderrichtlinien in die Analyse einbezogen. Überdies wurde eine Online-Befragung durchgeführt, an der sich 2.100 Projektleitungen bzw. Teilprojektleitungen der geförderten Projekte beteiligten.

Ausgewählte Ergebnisse

  • Die Förderrichtlinien sind adäquat an den Zielen des Rahmenprogramms ausgerichtet.
  • Die Fördermaßnahmen erreichen die intendierten Adressaten an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
  • Das Rahmenprogramm vernetzt Forschende erfolgreich, schafft neue Arbeitsplätze, bringt Publikationen hervor, die teilweise als Open Data frei zur Verfügung gestellt werden, und trägt zur methodischen Weiterentwicklung sowie zu Ausgründungen bei.
  • Die Geförderten zeigen sich insbesondere mit der Förderung insgesamt, der Fördersumme und der Förderlaufzeit sehr zufrieden.
  • Der administrative Anteil an dem gesamten Fördervolumen ist mit 4,3 % angemessen und liegt unterhalb der bei Förderprogrammen üblicherweise angestrebten 5 %.
  • Dem Rahmenprogramm gelingt es, Förderung vorrangig dort zu platzieren, wo Projekte sonst nicht oder in geringerem Umfang hätten realisiert werden können. Insgesamt stehen die entstanden Kosten in einem guten Verhältnis zu den Outputs auf wissenschaftlicher Ebene (Anzahl der Publikationen, Patente und Innovationen) sowie auf wirtschaftlicher Ebene (geschaffene Arbeitsplätze, Anzahl Ausgründungen und neue Kooperationen).

Aus den Ergebnissen wurden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Die Kurzfassung des Evaluationsberichts steht auf der Website des BMBF zum Download bereit.

Public-Health-Impact eines OTC-Switches von Sildenafil 50 mg

Die steigende Prävalenz der erektilen Dysfunktion entwickelt sich auch in Deutschland zunehmend zu einer nennenswerten Public-Health-Problematik, für deren Therapie mit dem Wirkstoff Sildenafil eine etablierte Behandlungsoption für die betroffenen Patienten zur Verfügung steht. Das Ziel des Gutachtens war es, im Rahmen einer literaturbasierten Untersuchung den Public-Health-Impact herauszuarbeiten, der mit einem Wechsel („Switch“) von Rx- auf OTC-Status für Sildenafil 50 mg assoziiert ist.

Die Diskussion um einen OTC-Switch von Sildenafil ist durch zwei zentrale Leitmotive geprägt. Zum einen soll der illegale Handel mit gefälschten Arzneimitteln, soweit als möglich, reduziert werden. Zum anderen sollen durch niedrigschwellige Beratungsangebote in Apotheken über die einer erektilen Dysfunktion zugrundliegenden Erkrankungen mehr Patienten in eine strukturierte ärztliche Behandlung überführt werden.

Methodik

Es wurde zunächst in Form von Fallstudien („Case Studies“) die wissenschaftliche Evidenz von erfolgreichen OTC-Switches für ausgewählte Wirkstoffe analysiert. Darüber hinaus wurde die Literatur zu OTC-Switches von Sildenafil in den europäischen Nachbarländern (insbesondere Vereinigtes Königreich) ausgewertet. Zusätzlich wurden Experteninterviews mit Vertretern von Apotheken- und Patientenverbänden durchgeführt, um aktuelle Einschätzungen abzubilden. Die Einschätzung zum Public-Health-Impact für einen möglichen OTC-Switch des Wirkstoffes Sildenafil erfolgte anhand von drei Domänen: patientenrelevante, gesundheitssystembezogene und sozio-ökonomischen Auswirkungen.

Patientenrelevante Aspekte: Da nur ca. ein Drittel der betroffenen Patienten mit erektiler Dysfunktion eine Ärztin bzw. einen Arzt konsultiert bzw. die Einnahme von Sildenafil oftmals ohne vorherige ärztliche Konsultation erfolgt, könnte eine OTC-Abgabe über die Apotheken zu einem niedrigschwelligen Zugang zum Versorgungssystem führen. Apotheken könnten am Point-of-Sale den Kontakt mit den Kunden suchen und bei Anzeichen des Vorliegens von Grunderkrankungen die Patienten in die ärztliche Behandlung verweisen. Eine Schätzung ergab, dass bei einem OTC-Switch ca. 700.000 Männer mit erektiler Dysfunktion von einer Therapieausweitung profitieren würden.

Gesundheitssystembezogene Aspekte: Ein klar zu benennender Vorteil der OTC-Freigabe von Sildenafil für das Gesundheitssystem ist die Stärkung der Profession sowie der heilberuflichen Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker durch Beratungsleistungen für Sildenafil, da die erektile Dysfunktion ein neues Beratungsfeld für Apotheken darstellt. Dass die Apothekerinnen und Apotheker auch einen Public Health-relevanten Beitrag im Falle einer OTC-Freigabe von Sildenafil leisten könnten, zeigen die Ergebnisse einer europäischen Beobachtungsstudie, in der untersucht wurde, ob die Apothekerinnen und Apotheker eine angemessene Empfehlung von Sildenafil 50 mg für die Behandlung von erektiler Dysfunktion abgeben können.

Sozio-ökonomische Aspekte: Es ergeben sich durch einen OTC-Switch von Sildenafil zunächst keine nennenswerten Einsparungen bei den Arzneimittelkosten, da diese aufgrund einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses von den Patienten selbst zu tragen sind. Da betroffene Patienten jedoch in vielen Fällen keine Arztbesuche wahrnehmen, besteht das Risiko, dass die eine erektile Dysfunktion begünstigenden Grunderkrankungen bzw. Folgeerkrankungen nicht oder erst zeitverzögert diagnostiziert werden, was zu schwereren Krankheitsverläufen mit hohen Behandlungskosten führen kann. Das Ziel eines OTC-Switches sollte es somit sein, die Diagnose der zugrundeliegenden Erkrankungen bei einem größeren Anteil der Patienten mit erektiler Dysfunktion zu ermöglichen und somit einen Public-Health-relevanten Beitrag zu leisten.

Fazit

Zusammenfassend beinhaltet ein möglicher OTC-Switch von Sildenafil 50 mg somit eine Abwägung des sich daraus ergebenden Patientennutzens und der Patientensicherheit. Die bisherige Verschreibungspflicht von Sildenafil soll sowohl die Patientensicherheit als auch die Therapie der Patienten in ärztlicher Behandlung fördern. Da aber in der Vielzahl der Fälle ein Bezug des Medikaments außerhalb der ärztlichen Behandlung stattfindet, bleibt ein Großteil der betroffenen Patienten unzureichend behandelt. Ein OTC-Switch könnte zur Entstigmatisierung von Sildenafil sowie der erektilen Dysfunktion beitragen und bisher unbehandelte Patienten durch die Information und niedrigschwellige Konsultation der Apotheken in eine ärztliche Behandlung überführen.

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Öffentlichkeitswirksame Begleitung für den MSD Gesundheitspreis

Der MSD Gesundheitspreis wird jährlich ausgeschrieben und fördert seit 2011 innovative Versorgungsmodelle. Neben einer finanziellen Förderung bietet der MSD Gesundheitspreis den Preisträgern die Möglichkeit, das eigene Netzwerk weiter auszubauen und neue Impulse für das Projekt zu erhalten.

Die inav GmbH unterstützt MSD Deutschland bereits seit 2012 in verschiedenen Bereichen rund um den MSD Gesundheitspreis. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Dokumentation und Verschlagwortung der teilnehmenden Projekte und der Preisträger für die MSD Projektdatenbank. Darüber hinaus begleiten wir den MSD Gesundheitspreis mit verschiedenen Publikationen und weiteren Kommunikationsmaßnahmen.

Prof. Dr. Volker Amelung ist zudem Mitglied der Jury für den MSD Gesundheitspreis.

Broschüre zum MSD Gesundheitspreis 2023 herunterladen

Broschüre zum MSD Gesundheitspreis 2022 herunterladen

OnkoRisk NET

Nach heutigem Wissensstand sind etwa fünf bis zehn Prozent aller Tumorerkrankungen erblich bedingt. Durch genetische Veränderungen liegt in einzelnen Familien somit ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko vor, das sich häufig bereits bei jungen Menschen in Form einer Tumorerkrankung manifestiert. Das sogenannte Tumorrisikosyndrom (TRS) kann über eine Familienanamnese, Risikokalkulationen sowie eine genetische Untersuchung identifiziert werden. Auf dieser Basis können dann präventive Maßnahmen ergriffen werden.

Aktuell fehlen jedoch noch strukturierte Behandlungspfade, die den behandelnden Fachärztinnen und -ärzten Beratung und Unterstützung bei Indikationsstellung und Befundinterpretation bieten. Insbesondere in strukturschwachen Regionen mit geringem fachärztlichem Austausch werden die erblichen Ursachen von Krebserkrankungen oft nicht identifiziert.

Das Ziel des Projektes OnkoRisk NET besteht darin, ein Kooperationsnetzwerk zu schaffen, in dem sich niedergelassene Onkologinnen und Onkologen sowie Fachärztinnen und -ärzte für Humangenetik untereinander austauschen können. Weiterhin umfasst das Projekt die Erarbeitung strukturierter Behandlungspfade und die Etablierung von telemedizinischer genetischer Beratung. Auf diese Weise soll die humangenetisch-onkologische Regelversorgung in strukturschwachen Regionen verbessert werden.

Die inav GmbH wurde mit der Evaluation des Projektes beauftragt. Zu den Parametern, die im Rahmen der Studie erfasst und analysiert werden, gehören u.a. die Patientenzufriedenheit, die psychologische Belastung sowie die Inanspruchnahme genetischer Beratung von weiteren Familienmitgliedern.

Das Projekt wird für 45 Monate mit insgesamt ca. 2,5 Mio. Euro aus dem Innovationsfonds gefördert. Im Erfolgsfall sichert das Projekt den Zugang zu genetischer Beratung, Diagnostik und risikoadaptierter Prävention bei genetischen Tumorrisikosyndromen in strukturschwachen Regionen.

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DigitalRadar Krankenhaus

Über ein neu entwickeltes Reifegradmodell sollen der Digitalisierungsfortschritt in deutschen Krankenhäusern sowie der Effekt der Förderung aus dem Krankenhauszukunftsfonds evaluiert werden. Das Modell ermöglicht auf Basis einer umfangreichen Datenerhebung und der Selbsteinschätzung der teilnehmenden Krankenhäuser eine standardisierte und umfassende Bewertung. Es ein individueller DigitalRadar-Score und zur internationalen Vergleichbarkeit ein EMRAM-Indikator für jedes Krankenhaus berechnet.

Für Krankenhäuser, die einen Förderantrag nach KHZG gestellt haben, ist die Teilnahme an der begleitenden Evaluation verpflichtend. Auch Krankenhäuser, die keinen Förderantrag gestellt haben, können freiwillig an der Selbstbewertung teilnehmen. Das digitale Tool ist online verfügbar und bietet die Chance für ein neues deutsches Public Reporting im Gesundheitswesen.

Das inav war an der Entwicklung des Reifegradmodells beteiligt und übernimmt die quantitative und qualitative Begleitevaluation.

Mehr Informationen finden Sie auf der Website des DigitalRadar.

Parkinson AKTIV

Parkinson stellt die häufigste neurogenerative Bewegungsstörung in Deutschland dar. Etwa 300.000 Menschen leiden darunter und aufgrund des demografischen Wandels wird die Prävalenz zukünftig steigen. Zu den typischen Symptomen zählen ein Zittern in Armen und Beinen sowie Gang-, Sprech- und Schluckstörungen. In fortgeschrittenem Stadium können kognitive Beeinträchtigungen auftreten, die sich teilweise bis zur Demenz ausweiten. Zwar ist die Parkinson-Erkrankung nicht heilbar, der Verlauf kann jedoch mithilfe von Medikamenten sowie einer aktivierenden Therapie aus Physio-, Ergo- und Logopädie verzögert werden. Aktuell erhält jedoch lediglich ein Drittel aller Parkinsonpatientinnen und -patienten eine spezifische aktivierende Therapie.

Das Projekt Parkinson AKTIV hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Betroffenen eine aktivierende Therapie zu ermöglichen. Hierfür ist in erster Linie ein besserer Austausch zwischen den beteiligten Leistungserbringern notwendig, um das Therapieangebot auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abzustimmen. Im multidisziplinären Parkinsonnetz Münsterland sind bereits zahlreiche Expertinnen und Experten vernetzt. Über eine webbasierte Kommunikationsplattform und sogenannte Quickcards soll der Informationsaustausch im Rahmen des Projektes weiter verbessert werden. Die Quickcards enthalten patientenrelevante Informationen sowie leitliniengerechte Therapieempfehlungen. Sie werden den Behandelnden zugänglich gemacht, sodass allen an der Versorgung Beteiligten die nötigen Informationen zur Verfügung stehen, um die aktivierende Therapie patientenindividuell zu gestalten und zu koordinieren.

Die wissenschaftliche Begleitstudie sieht ein Evaluationsdesign mit Interventionsgruppe und Kontrollgruppe vor. Es wird ermittelt, ob die Lebensqualität von Parkinson-Betroffenen durch die Intervention verbessert werden kann.

Das Projekt wird für dreieinhalb Jahre mit ca. 2,6 Mio. Euro aus dem Innovationsfonds gefördert.

Im Erfolgsfall kann die Vernetzung aller beteiligten Leistungserbringer mithilfe der webbasierten Kommunikationsplattform auch in anderen Regionen umgesetzt werden. Die Quickcards könnten unabhängig von einer spezifischen Infrastruktur als wichtiges Element der neuen Versorgungsform etabliert werden.

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TelementorCOPD

Bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) handelt es sich um eine Krankheit, die sich über mehrere Jahre entwickelt und in eine dauerhafte Schädigung der Lunge mündet. In der Folge leiden die Betroffenen unter schwerer Atemnot. Mit einer Prävalenz von knapp sechs Prozent zählt COPD zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland.

Plötzliche Verschlechterungen des Krankheitszustandes (Exazerbationen) kommen häufig vor und führen vielfach zu Krankenhausaufenthalten. Das Projekt TelementorCOPD verfolgt das Ziel, diese Exazerbationen frühzeitig zu erkennen, entsprechende Interventionen einzuleiten und dadurch Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Dies geht auch mit einer Steigerung der Lebensqualität von COPD-Patientinnen und Patienten einher.

Mithilfe einer speziellen COPD-App erhalten die teilnehmenden Patientinnen und Patienten ein Körper- und Lungentrainingsprogramm mit präventivem Charakter. Über Telemessgeräte werden darüber hinaus automatisch Vitalwerte sowie die Ergebnisse von COPD-Assessment-Tests erfasst und übermittelt. Auf dieser Basis kann das Exazerbationsrisiko analysiert werden, das in Form eines Ampelschemas visualisiert wird. Speziell geschulte COPD-Nurses, die das Monitoring der Werte übernehmen, können dann frühzeitige risikoadaptierte Interventionen einleiten und die Patientinnen und Patienten per Videochat kontaktieren oder sie an die behandelnden Pneumologinnen und Pneumologen überweisen.

Die inav GmbH wurde mit der Evaluation des Projektes beauftragt. Im Rahmen einer unverblindeten, randomisierten und kontrollierten Studie wird ermittelt, ob sich akute Verschlechterungen in der Interventionsgruppe mithilfe der COPD-App und der Überwachung der Vitalparameter im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verringern lassen.

Das Projekt wird für drei Jahre mit insgesamt ca. 3,76 Mio. Euro aus dem Innovationsfonds gefördert. Im Erfolgsfall führt die Optimierung der ambulanten COPD-Versorgung zu einer Verbesserung des Gesundheitszustands der Patientinnen und Patienten und erhöht deren Lebensqualität. Das Versorgungskonzept ist auch auf andere Regionen und Indikationen übertragbar.

Weiterführende Informationen: www.telementor-copd.de

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conneCT CF

Ziel des Projektes ist es, auf Basis eines kontinuierlichen Telemonitorings und Coachings die individuelle Adhärenz von Patienten mit Cystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) zu steigern, um eine Verringerung von Exazerbationen und Krankenhausaufenthalten sowie eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Zudem soll die durch den zeitlichen Therapieaufwand entstehende Belastung der Patienten sowie der Angehörigen verringert werden.

In Deutschland sind ca. 8.000 Patientinnen und Patienten von CF, einer unheilbaren Erbkrankheit betroffen. Bei dieser seltenen Erkrankung sind verschiedene Organe, wie Leber, Lunge und Bauchspeicheldrüse, in ihrer Funktion beeinträchtigt und werden im Verlauf der Krankheit oft irreversibel geschädigt. Die Behandlung von CF, die aus täglicher Inhalation und Medikamenteneinnahme besteht, geht mit einem immensen Zeitaufwand aufseiten der Betroffenen einher. Dies führt dazu, dass nur 30 bis 50 Prozent der CF-Patienten und -Patientinnen die Therapie konsequent durchführen.

Patientinnen und Patienten mit CF erhalten in Abhängigkeit zu ihrer telemedizinisch überwachten Therapietreue ein individuelles Coaching zur Steigerung der Adhärenz. Zugleich erfolgt durch den Einsatz von telemedizinfähiger Heimspirometrie die Überwachung des Gesundheitszustandes (Lungenfunktion). Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte erhalten neben regelmäßigen Berichten zur Vorbereitung einer anstehenden Visite auch Hinweise auf etwaige Verschlechterungen über eine Alarmfunktion. Hierdurch wird es dem Arzt bzw. der Ärztin ermöglicht, kurzfristig zu intervenieren mit dem Ziel, durch Therapieanpassung eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufes zu verhindern. Dafür steht eine integrierte Videosprechstunde zur Verfügung, die zudem auch auf Patientenwunsch stattfinden kann. Neben der niedrigschwelligen Interventionsmöglichkeit dient die Videosprechstunde auch der Entlastung von Patientinnen und Patienten sowie ihrer Angehörigen.

Methodik

Um die Wirksamkeit des Projektes hinsichtlich der Therapieadhärenz, der Lebensqualität und des Gesundheitszustandes zu evaluieren, wird eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) durchgeführt. Durch die Beschaffenheit der Intervention (Coaching, Videosprechstunde) ist eine Verblindung weder für Patienten noch für Ärzte durchführbar. Zusätzlich werden mit dem Ziel eine Überführung in die Regelversorgung adäquat zu gestalten, qualitative Befragungen der Ärzte, der Patienten und deren Angehöriger sowie eine gesundheitsökonomische Evaluation durchgeführt, welche die Potenziale der Verbesserung quantifizieren und abbilden soll.

Förderung

Das Projekt wird vom Innovationsfonds für insgesamt 3,5 Jahre mit einer Fördersumme von rund 3,8 Millionen Euro gefördert.

Begleitevaluation von sechs Lokalen Gesundheitszentren (LGZ)

Um die Gesundheitsversorgung in sozial und gesundheitlich belasteten Bezirken zu verbessern, entstehen in Hamburg aktuell sechs Lokale Gesundheitszentren (LGZ). Die Ausrichtung der LGZ folgt dem PORT-Konzept der Robert Bosch Stiftung: Bereits seit 2015 fördert die Stiftung „Patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung“ an Standorten in Deutschland. Der Aufbau der Hamburger LGZ wird über drei Jahre vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert. Die LGZ werden an der Schnittstelle von Gesundheitsversorgung und sozialen Diensten agieren. Kennzeichnend sind:

  • eine patientenorientierte Versorgung in lokal organisierten Zentren
  • eine sektorenübergreifende Versorgung
  • multiprofessionelle Teamarbeit von medizinischem, pflegerischem und sozialberatendem Personal auf Augenhöhe
  • interdisziplinäre Zusammenarbeit von lokalen Beratungsstellen
  • eine Querschnitts-/Primärberatung zur Verbesserung der sozialen Situation
  • Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung
  • eine gute Einbindung in den Bezirken

Die Hamburger Sozialbehörde und die Robert Bosch Stiftung haben eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, um die Konzeption und Implementierung der neuen Zentren in Hamburg begleitend zu evaluieren. Die inav GmbH führt gemeinsam mit dem aQua-Institut eine Begleitevaluation der sechs LGZ durch. Ziel der Evaluation ist die wissenschaftliche Begleitung der Überführung der Primärversorgungszentren in die Regelversorgung und die Messung der Zielerreichung. Die Evaluation ist im Mixed-Methods-Design angelegt und umfasst folgende Elemente:

  • Teilnehmende Beobachtung in allen sechs LGZ
  • Leitfadengestützte Interviews mit Stakeholdern in den LGZ sowie in den Bezirken
  • Befragung von Patientinnen und Patienten bzw. Nutzerinnen und Nutzern
  • Kleinräumige Routinedatenanalyse (Wirkungsanalyse auf Bezirksebene)
  • Sekundärdatenanalyse der Leistungsdaten der LGZ

Finanziert wird die Evaluation durch das Robert Bosch Center for Innovative Health am Bosch Health Campus in Stuttgart (ehemals Förderbereich Gesundheit der Robert Bosch Stiftung).

 

Schweiz: Regionales Gesundheits-Ökosystem

Das inav und die OptiMedis AG unterstützen gemeinsam die Schweizer Krankenversicherung SWICA bei der Entwicklung eines zukunftsfähigen, populationsorientierten Versorgungsmodells. Nach einer Literaturrecherche, einer Best-Practice-Auswertung und Stakeholder-Interviews wurde ein „Big Picture“ für die mögliche Umsetzung von value-basierten Versorgungskonzepten in der Schweiz skizziert. Die Konkretisierung erfolgte gemeinsam mit zentralen Stakeholdern einer ausgewählten Region im Rahmen eines Business Plans für ein mögliches Gesundheits-Ökosystem. Auf Basis der vorhandenen regionalen Versorgungsdaten der Krankenversicherung wurden Potenzialanalysen durchgeführt und als Grundlage für die Definition erster integrierter Versorgungsprodukte genutzt. Darüber hinaus wurden mögliche Finanzierungsansätze entwickelt sowie die Governance- und Organisationsstrukturen für eine pilothafte Umsetzung mit ausgewählten Leistungspartnern konzipiert.

In der Schweiz gibt es bereits umfangreiche Erfahrungen mit neuen Steuerungs- und Finanzierungsformen, einerseits zusammen mit Gruppierungen im Bereich der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, zum anderen über die Entwicklung unterschiedlicher Tarife mit z.T. auch telemedizinischen Eintrittsformen. Insgesamt haben diese Versuche allerdings noch nicht zu einer umfassenden sektorenübergreifenden regionalen Leistungskoordination und -erbringung geführt, die internationalen Erfahrungen gerecht wird und auch die Gesunderhaltung einer Population belohnt.

Die Erkenntnisse aus der Best-Practice-Analyse sind für SWICA – genauso wie für andere Akteure bei der Entwicklung eines innovativen Versorgungsmodells – relevant:

  1. Neue Versorgungssysteme müssen in Einklang mit den heutigen Ansprüchen der Gesundheitsakteure an eine unternehmerische Tätigkeit und die Work-Life-Balance gebracht werden. Die Vergütung sollte daher vermehrt den Nutzen anstatt Leistungsmenge honorieren.
  2. Die Veränderungen hin zu einer Integrierten Versorgung sind ausgesprochen komplex. Daher müssen sich die Modelle und ihre Governance-Strukturen auf größere Populationskollektive beziehen, eine Vielzahl von Berufsgruppen mit ihren teils gegenläufigen Interessen einbeziehen und dadurch ausreichend robust sein, Auseinandersetzungen auszuhalten.
  3. In überwiegend privat organisierten Gesundheitssystemen entwickeln sich häufiger regionale „Healthcare Ecosystems“, die entweder auf der Ebene einiger Berufsgruppen und Indikationen oder über ganze Populationen und ihre Erkrankungen hinweg Vertragspartner für Kostenträger werden. Es erscheint sinnvoll, einen Teil der regionalen Leistungserbringer in die Governance-Gremienstrukturen einzubinden.
  4. Die Beispiele zeigen, dass derartige regionale „Healthcare Ecosystems“ mit Populationsgrößen zwischen 20.000 und 200.000 experimentieren. Sinnvoll erscheint es, einen möglichst großen Anteil an der Gesamtbevölkerung der ausgewählten Region einzuschließen, da es auch für die teilnehmenden lokalen Gesundheitsakteure wichtig ist, einen möglichst großen Anteil ihrer Patientinnen und Patienten im Rahmen des neuen integrierten Versorgungsansatzes zu betreuen, damit die Prozesse effektiv und nachhaltig umgesetzt werden können.
  5. Digitale Innovationen wie etwa die Einführung von Telemedizin oder einer übergreifenden Patientenakte sind in vielen Best Practices Grundlage für die Umsetzung effizienterer Versorgungspfade. Sie unterstützen bei der gemeinsamen Festlegung von Standards und Leitlinien für die Kommunikation und Zusammenarbeit der Akteure.
  6. Alle betrachteten Best Practices setzen vermehrt auf Prävention, d.h. auf eine frühzeitigere Intervention im ambulanten Kontext, insbesondere, um die Patientenzufriedenheit zu erhöhen, aber auch um kostenaufwendigere Krankenhausbehandlungen einzusparen. Die intelligente Nutzung von Versorgungsdaten und die Risikostratifizierung der Population ermöglichen die Identifizierung der relevanten Risikogruppen und somit eine frühzeitigere und zielgenauere Ansprache der betroffenen Populationen. Eine übergreifende Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen wie auch die stärkere Verzahnung von Gesundheits- und Sozialsystem nehmen dabei eine wichtige Rolle ein.

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aha!2.0 – Ab heute anders!

Lebensstilveränderungen können das Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, senken. Das evaluierte aha!2.0-Programm („ab heute anders!“) fokussiert einerseits auf die Erkennung des Diabetes-mellitus-Typ-2-Risikos und anderseits auf die Modifizierung des Lebensstils zur Reduktion bekannter Risikofaktoren. Ziel von aha!2.0 war es deshalb, zunächst die Punktprävalenz der teilnehmenden Personen mit einem sehr hohen Diabetes-mellitus-Typ-2-Risiko in Schleswig-Holstein zum Zeitpunkt des Studienbeginns mittels FINDRISK zu schätzen. Des Weiteren wurde die Entwicklung der relevanten Endpunkte Körpergewicht, Taillenumfang und Body Mass Index untersucht.

Methodik

Die Studie wurde zwischen dem 01.07.2014 und dem 31.12.2016 in einem einarmigen longitudinalen Studiendesign und 15-monatigem Follow-up (davon 12 Wochen Intervention) mit insgesamt fünf Kontrollzeitpunkten (t–1 bis t3) durchgeführt. Die Rekrutierung der Studienteilnehmer erfolgte in Hausarztpraxen in Schleswig-Holstein. Es wurden gesetzlich Versicherte ab 18 Jahren eingeschlossen, die eine erkennbare abdominelle Adipositas und/oder eine relevante Familienanamnese und/oder einen bewegungsarmen Lebensstil aufwiesen. Die Intervention bestand zum einen aus dem FINDRISK-Test (Modul 1), der das Zehn-Jahres-Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, mittels eines Scores abschätzt, und zum anderen aus der Lebensstilintervention selbst (Modul 2). Aufbauend auf einem Arzt-Versicherten-Gespräch erhielten Teilnehmer das aha!-Startset, bestehend aus einer Chip-Liste©, einem Ernährungs- und Bewegungstagebuch, einem Trainingsband mit Übungsposter und einem Maßband zur Messung des Taillenumfangs.

Ergebnisse

Die Punktprävalenz für Personen mit einem sehr hohen Risiko (50 % laut FINDRISK), in den nächsten zehn Jahren an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, lag bei 12,2 % [95 %-CI: 10,3, 14,5] in der Population von in Hausarztpraxen in Schleswig-Holstein rekrutierten Personen mit einem hausärztlich vermuteten Diabetes-mellitus-Typ-2-Risiko. Die 205 Teilnehmer, die das Programm über den 15-monatigen Follow-up-Zeitraum durchliefen, konnten ihr Körpergewicht um 4,5 kg [CI-95 %: –5,6, –3,4], ihren Taillenumfang um –5,7 cm [95 %-CI: –6,5, –4,7] und ihren Body Mass Index um 1,6 kg/m² [95 %-CI: –2,0, –1,2] senken.

Fazit

aha!2.0 erwies sich in Schleswig-Holstein als implementierbar. Teilnehmer konnten modifizierbare Risikofaktoren für Diabetes mellitus Typ 2 im 15-monatigen Follow-up reduzieren. Von 205 der ursprünglich 935 Teilnehmer (21,9 %) konnten zum letzten Follow-up Daten ausgewertet werden. Zukünftige Studien zu Lebensstilinterventionen in Bezug auf Reduktion von verhaltensbedingten Risikofaktoren von DMT2 im Hausarztsetting sollten die Wirkung von adhärenzsteigernden Maßnahmen evaluieren.

Aufbauend auf den Ergebnissen von aha!2.0 wurde das Projekt Dimini – Diabetes mellitus? Ich nicht! durchgeführt, das von 2017 bis 2020 aus Mitteln des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert wurde.

Publikation

Binder, S., Püschner, F., Bertram, N., Weber, V., Amelung, V. E., Göhl, M. & Petersen, C. (2019). Lebensstilintervention Aha!2.0 zur Reduktion von modifizierbaren Risikofaktoren des Diabetes mellitus Typ 2 bei Risikopersonen: eine Longitudinalstudie im Hausarztsetting in Schleswig-Holstein. Diabetologie Und Stoffwechsel. https://doi.org/10.1055/a-0903-2468

 

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Weißbuch „Versorgung der frühen Alzheimer-Krankheit“

Die Zahl der von Demenz betroffenen Menschen in Deutschland nimmt kontinuierlich zu, bei zwei Dritteln ist die Alzheimer-Krankheit die Hauptursache. Gleichwohl wird die frühe Alzheimer-Krankheit immer noch zu selten diagnostiziert. So hält die Stigmatisierung durch die Erkrankung viele Menschen von einem Arztbesuch ab. Das Weißbuch „Versorgung der frühen Alzheimer-Krankheit“ beschäftigt sich mit dem aktuellen Forschungsstand und beleuchtet Ursachen, Diagnostik und Therapieansätze der frühen Alzheimer-Krankheit. Zudem liefert das Weißbuch Lösungsvorschläge zur Bewältigung bestehender und zukünftiger Versorgungsherausforderungen. Ein wesentlicher Schlüssel liegt dabei aus Sicht von Expertinnen und Experten in der Prävention sowie in der Frühdiagnostik.

Noch zu Beginn der 2000er Jahre war der eindeutige Nachweis einer Alzheimer-Erkrankung nur post mortem anhand einer Autopsie des Gehirns möglich. Heute kann die Krankheit bereits vor Ausbruch der Demenz diagnostiziert werden. Möglich wurde dies durch den Nachweis von Alzheimer-Biomarkern, wie Beta-Amyloid oder Tau, im Nervenwasser oder in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), sowie in naher Zukunft wahrscheinlich auch im Blut. Diese Fortschritte in der Alzheimer-Forschung haben weitreichende Implikationen für die Versorgung der Betroffenen und die Neuausrichtung der Versorgungsstrukturen.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehört: Alzheimer-Versorgung muss bereits im Frühstadium ansetzen. „Wir brauchen möglichst frühe Interventionen, um dem Verlauf dieser progressiven Erkrankung Einhalt zu gebieten oder sie zu verlangsamen“, so Dr. Uwe Meier, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN) und ein Schirmherr des Projektes. „Bei einem fortgeschrittenen neurodegenerativen Abbau können wir den Krankheitsverlauf nur noch begleiten.“

Neben der Hoffnung auf pharmakologische Therapien werden auch Lebensstil-Aspekte zukünftig eine größere Rolle spielen. „Während vor einem Jahrzehnt die Demenz bei Alzheimer-Krankheit als schicksalhaftes Ereignis angesehen wurde, gehen wir heute davon aus, dass bis zu 40 Prozent des Risikos, an einer Demenz zu erkranken, von modifizierbaren Faktoren abhängt. Es erscheint also möglich, durch einen aktiven und gesunden Lebensstil auf das eigene Demenzrisiko Einfluss zu nehmen“, erklärt Prof. Dr. Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln, der als Co-Autor und ebenfalls als Schirmherr an der Publikation beteiligt ist.

Die von der Bundesregierung 2020 unterzeichnete Nationale Demenzstrategie (NDS) war ein wichtiger Schritt. Nun gilt es, die Weichen in Deutschland neu zu stellen, um frühe kognitive Einschränkungen und die Alzheimer-Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Auch die Versorgung von Patientinnen und Patienten im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit ist zuwendungsintensiv. In Zukunft wird es in der Versorgungspraxis auch darum gehen, dass der Aufwand für (differential-)diagnostische Verfahren angemessen vergütet wird und entsprechende Strukturen geschaffen werden. Darüber hinaus erfordert die Alzheimer-Versorgung aufgrund des zu erwartenden größeren Bedarfs ein höheres Maß an Vernetzung zwischen den beteiligten Behandlerinnen und Behandlern. Aus Sicht der beteiligten Expertinnen und Experten werden damit auch Lotsen-Modelle, digitale Lösungen sowie die Ausweitung der Gedächtnisambulanzen wichtige Bestandteile der zukünftigen Versorgung darstellen.

Publikation

Das Weißbuch „Versorgung der frühen Alzheimer-Krankheit“ steht unter folgendem Link kostenlos zum Download zur Verfügung: https://alzheimer-dialog.de/ 

Transparency Note

Die Erstellung des Weißbuchs wurde finanziell unterstützt von der Biogen GmbH.

Bewegungskampagne – Körperliche Aktivität und soziale Teilhabe für Ältere

Bewegung ist erwiesenermaßen, insbesondere bei älteren und hochaltrigen Personen, einer der wichtigsten Einflussfaktoren der psychischen und physischen Gesundheit. Die Bereitschaft zur sportlichen Betätigung sinkt jedoch mit zunehmendem Alter. Gleichzeitig zeigen Prognosen, dass die Zahl der in Deutschland lebenden älteren und hochaltrigen Menschen zwischen 2015 und 2030 um 20 Prozent ansteigen wird.

Bewegungsförderung ist nicht zuletzt deshalb eines der vorrangigen Handlungsfelder der Strategie der Europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation zur Bewegungsförderung (2016–2025). Auch in Deutschland wird diese Entwicklung mit der Kampagne „Ich bewege mich – mir geht es gut!“ adressiert.

Die von der Landeszentrale für Gesundheitsförderung (LZG) in Rheinland-Pfalz e.V. in Kooperation mit dem rheinland-pfälzischen Turnerbund und Landessportbund getragene Kampagne informiert über die positiven Auswirkungen von körperlicher Aktivität im Alltag und richtet sich an Seniorinnen und Senioren. Mithilfe von ehrenamtlichen Bewegungbegleiterinnen und -begleitern als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sollen niedrigschwellige und wohnortnahe Bewegungsangebote auf öffentlichen Plätzen und Anlagen implementiert und der Zielgruppe leicht zugänglich gemacht werden. Ziel dabei ist es, die Älteren und Hochbetagten zu mehr Bewegung zu motivieren und gleichzeitig einer sozialen Vereinsamung vorzubeugen.

Ziel der Evaluation, die anhand des RE-AIM-Modells durchgeführt wird, ist es, die Kampagne in ihrem Implementierungsprozess zu begleiten, diesen zu unterstützen und eine Verstetigung der Kampagne zu erreichen. Hierzu sollen förderliche und hemmende Faktoren herausgestellt werden, die auch die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. Weiterhin wird die Wirkung der Angebote auf die teilnehmenden Seniorinnen und Senioren untersucht.

Die begleitende Evaluation wird durch das GKV-Bündnis für Gesundheit gefördert – einer gemeinsamen Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit das inav mit der Evaluation beauftragt.

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Anerkannter Bewegungskindergarten mit dem Pluspunkt Ernährung und Zusatzmodul seelische Gesundheit

Rund zehn Prozent der Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren gelten aktuell als übergewichtig und bis zu sieben Prozent als adipös. Übergewicht im frühen Kindesalter ist assoziiert mit der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Gelenkschäden, Bluthochdruck, ischämischen Herzerkrankungen und Asthma bronchiale. Häufig sind dafür vermeidbare Risikofaktoren, wie eine ungünstige Ernährungsweise und Bewegungsmangel sowie soziale Benachteiligung verantwortlich. Sie manifestieren sich insbesondere bei Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus. Das Risiko zur Entstehung von kindlichem Übergewicht ist hier um ein Dreifaches erhöht im Vergleich zu Gleichaltrigen mit hohem Sozialstatus.

Kindertagesstätten sind für Kinder inzwischen zu einem wesentlichen Lebensraum außerhalb der Familie geworden. Sie bieten somit die Möglichkeit, bereits früh Entwicklungs- und Gesundheitsverläufe positiv zu beeinflussen. Das Präventionskonzept „Anerkannter Bewegungskindergarten mit dem Pluspunkt Ernährung“ (ABmPE) umfasst Angebote der Verhaltens- und Verhältnisprävention und soll das Aktivitäts- und Ernährungsverhalten insbesondere in sozial schwächer gestellten Wohngebieten verbessern. Da die psychische Komponente bei Kindern ebenfalls von hoher Relevanz ist und so der Dreiklang einer zeitgemäßen Gesundheitsförderung von Kindern praxisnah vermittelt werden, werden diese Themengebiete durch das Feld der seelischen Gesundheit ergänzt.

Der ABmPE ist ein Angebot der Landesregierung NRW und den gesetzlichen Krankenkassen NRW in einer Kooperation mit dem Landessportbund NRW.

Eine erste bereits abgeschlossene Evaluation bestätigte den teilnehmenden Einrichtungen ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein und Verbesserungen des Bewegungs- sowie des Nahrungsmittel- und Getränkeangebots.

Die aktuell vom inav durchgeführte, vom GKV-Bündnis für Gesundheit geförderte und durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beauftragte Evaluation, legt den Schwerpunkt u.a. auf die Implementierung der Komponente der seelischen Gesundheit. Ziel ist es den Nutzen des ABmPE-Projektes für die Kitas und deren Träger und die Auswirkungen der Ernährungskomponente herauszustellen und eine langfristige Umsetzung des Projektes zu ermöglichen.

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Vertrauenscoach

Vulnerable Gruppen haben oft einen erhöhten gesundheitlichen Präventionsbedarf, jedoch nehmen sie deutlich seltener Angebote der Prävention und Gesundheitsförderung in Anspruch. Um vulnerable Gruppen zu erreichen, empfiehlt das GKV-Bündnis für Gesundheit, Interventionen auf kommunaler Ebene zu implementieren. Das Projekt „Vertrauenscoach“ richtet sich an vulnerable Personengruppen und wird auf kommunaler Ebene in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Das Ziel des Projekts ist es, die Handlungskompetenzen und die Eigenverantwortung dieser Personengruppen zu fördern und sie zu einem gesundheitsbewussten Verhalten zu bewegen. Zu der Zielgruppe des Projekts gehören ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende sowie Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten und/oder psychisch belasteten Familien. Im Rahmen dieses Projekts werden die genannten Personengruppen von ausgebildeten Vertrauenscoaches (VC) für die Thematik Gesundheit und Bewegung sensibilisiert sowie motiviert, an gesundheitsfördernden und primärpräventiven Maßnahmen teilzunehmen, insbesondere im Bereich der Bewegung. Dabei können die VC in der Kommune, bei Wohlfahrtsverbänden, Vereinen, Volkshochschulen, Sozialversicherungsträgern, Religionsgemeinschaften etc. angesiedelt sein.

Die Evaluation des Projektes wird durch das GKV-Bündnis für Gesundheit gefördert – einer gemeinsamen Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit das inav mit der Evaluation des Projekts beauftragt. Ziel der Evaluation ist es, zu untersuchen, wie die Implementierung des Projekts in den Kommunen bzw. Settings erfolgt, u.a. hinsichtlich der Tätigkeit der VC, der Teilnahme der vulnerablen Zielgruppen an Bewegungsangeboten, förderlicher bzw. hemmender Faktoren. Außerdem wird aufgezeigt, wie durch das Projekt die vulnerablen Zielgruppen erreicht werden und inwiefern Bewegungsangebote Gesundheits- und Verhaltensänderungen anregen. Die Datenerhebung erfolgt durch qualitative und quantitative Methoden mittels eines Mixed-Methods-Ansatzes.

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Gemeindeschwester plus

Ein großer Anteil der älteren Menschen hat das zentrale Bedürfnis nach einem selbstbestimmten und so weit wie möglich unabhängigen Leben in der eigenen Häuslichkeit. Gleichzeitig neigen ältere alleinlebende Personen dazu, sich zum Beispiel durch Stürze zu verletzen. In diesem Kontext empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, ein unterstützendes Umfeld aufzubauen, in dem ältere Menschen ohne jegliche Einschränkung unabhängig leben können.

Das Projekt Gemeindeschwester plus richtet sich an Menschen ab 80 Jahren, die in der eigenen Häuslichkeit leben und Unterstützungsbedarf haben. Durch das Projekt soll die Selbstständigkeit dieser Altersgruppe und deren soziale Teilhabe möglichst lange aufrechterhalten werden.

Im Zentrum der Tätigkeiten der Fachkräfte stehen:

  • eine aufsuchende, präventive und gesundheitsfördernde Beratung in Form von präventiven Hausbesuchen
  • die Vermittlung an entsprechende weitere Unterstützungsangebote
  • die Stärkung regionaler, sozialer Netzwerke und Unterstützungsangebote
  • die Aktivierung vorhandener Ressourcen der hochbetagten Menschen und seiner Umwelt zur Bewältigung von Herausforderungen des Alterns,
  • die Mitwirkung an einer bedarfsorientierten Weiterentwicklung der kommunalen und sozialräumlichen Infrastruktur
  • die Erfassung und Vermittlung wohnortnaher Angebote zur Unterstützung und Teilhabe

Träger des auf kommunaler Ebene umgesetzten Projektes sind das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz (MASTD) sowie die in Rheinland-Pfalz vertretenen gesetzlichen Krankenkassen und Krankenkassenverbände der AOK, BKK, IKK, vdek, Knappschaft, SVLFG. Das Projekt wurde bereits 2015 bis 2018 in einer ersten Projektphase umgesetzt und evaluiert und befand sich von 2019 bis 2021 in einer zweiten Projektphase, die aktuell evaluiert wird.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit inav mit der Evaluation des Projekts beauftragt. Hauptziele der Evaluation, die am RE-AIM Modell orientiert ist, sind die Betrachtung der Angebotsdichte für die Zielgruppe, die Evaluation des Implementierungs- und Umsetzungsprozesses (sowie förderlicher und hemmender Faktoren) und die Wirksamkeit des Projektes mit Blick auf die Zielgruppe des Projektes, die hochbetagten Menschen ab 80 Jahren ohne vorhandenen Pflegegrad.

Die Evaluation greift dabei auf qualitative als auch quantitative Erhebungsmethoden zurück und ist in drei Module gegliedert.

  1. Modul: Online-Befragung der Projektverantwortlichen und der Fachkräfte Gemeindeschwesterplus 
  2. Modul: Fokusgruppen und Telefoninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern der Projektträger, der Fachkräfte und der Projektverantwortlichen
  3. Modul: Schriftliche Befragung der hochbetagten Menschen

Zum Download: Evaluationsbericht Gemeindeschwesterplus 2023

Foto: freepik

HaLT – Hart am Limit

In Deutschland machen Jugendliche schon früh erste Erfahrungen mit Alkohol. Neben persönlichen Gründen für das Alkoholtrinken gibt es strukturelle Bedingungen, die den Konsum Jugendlicher fördern oder zumindest begünstigen. Ein wesentlicher Faktor, der das Konsumverhalten von Jugendlichen beeinflusst, ist die Verfügbarkeit alkoholhaltiger Getränke. Alkoholkonsum kann schwerwiegende gesundheitliche und soziale Folgen haben. Trotz der positiven Gesamtentwicklung in den vergangenen Jahren, hat in Deutschland der Anteil gesundheitlich riskanten Alkoholkonsums insbesondere bei jungen Erwachsenen über 18 Jahren zugenommen.

Das Präventionsprogramm „HaLT – Hart am LimiT“ steht deutschlandweit für die qualitätsgesicherte Prävention von Alkoholmissbrauch durch Jugendliche und junge Erwachsene. Es soll den verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol fördern. Stand September 2020 existieren bundesweit 161 HaLT-Standorte in 14 Bundesländern, die unter verschiedenen organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen agieren. Um die Qualität des bundesweiten Programms zu gewährleisten, ohne jedoch die individuellen Bedürfnisse der HaLT-Standorte aus den Augen zu verlieren, hat das HaLT-Programm sein Rahmenkonzept überarbeitet. In dem neuen modularen Aufbau wurden zusätzliche Module und Präventionsmaßnahmen integriert und Aspekte des Qualitätsmanagements, der Qualitätsentwicklung und Netzwerkkoordination berücksichtigt. Außerdem wurden neue Themenfelder und Zielgruppen festgelegt, die in das HaLT-Programm aufgenommen werden sollen.

In die Evaluation des HaLT-Programms werden neben Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen zwölf und 21 Jahren auch die vor Ort intervenierenden Fachkräfte, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie die Landes- und Standortkoordinationen des Programms einbezogen. Ziel der Evaluation ist es, zu untersuchen, wie die Module, die zu den neuen Themen entwickelt wurden, in der Praxis umgesetzt werden und welche förderlichen und hemmenden Faktoren in der praktischen Umsetzung zu verzeichnen sind. Die Datenerhebung erfolgt durch qualitative und quantitative Methoden mittels eines Mixed-Methods-Ansatzes. Zusätzlich werden die Instrumente der Netzwerk- und Dokumentenanalyse verwendet.

Die begleitende Evaluation während der Implementierung der neuen Rahmenkonzeption wird durch das GKV-Bündnis für Gesundheit gefördert – einer gemeinsamen Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit das inav mit der Evaluation beauftragt.

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Echt unersetzlich – Beratung für pflegende Jugendliche

Schätzungsweise rund sechs Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland unterstützen ihre Angehörigen in der Pflege eines Familienmitglieds bzw. übernehmen selbst Pflegeverantwortung. Das entspricht ungefähr zwei Heranwachsenden pro Schulklasse.

Nicht selten wird diese Unterstützungs- oder Pflegeverantwortung durch die Heranwachsenden als belastend empfunden. Dies kann sich längerfristig negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen auswirken und u.a. auch ihre Bildungschancen oder ihr Sozialleben negativ beeinträchtigen.

Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden und Chancengleichheit gegenüber Gleichaltrigen ohne Pflegeverantwortung anzustreben, verfolgt das Projekt „Echt unersetzlich“ das Ziel, Jugendlichen und jungen Erwachsene zwischen 13 und 25 Jahren ein niedrigschwelliges Beratungsangebot zur Verfügung zu stellen. Die Beratung erfolgt kostenlos und kann nach Wunsch über das Internet, das Telefon oder auch vor Ort in der Beratungsstelle in Anspruch genommen werden. Dabei sollen die Heranwachsenden durch praktische und psychosoziale Beratung in ihrem Alltag und ihrer Lebenssituation unterstützt werden.

„Echt unersetzlich“ ist eine Initiative der Beratungsstelle „Pflege in Not“ im Diakonischen Werk Berlin Stadtmitte e.V.. Die Evaluation wird durch das GKV-Bündnis für Gesundheit gefördert – einer gemeinsamen Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit das inav mit der Evaluation des Projekts beauftragt. Hauptziel ist die Evaluation der von „Echt unersetzlich“ angebotenen Schulungen für Fachkräfte sowie die Umsetzung der Beratungsleistungen.

Zur Messung werden im Sinne eines Mixed-Methods-Ansatzes sowohl qualitative als auch quantitative Erhebungsmethoden eingesetzt. Der Fokus der Evaluation liegt verstärkt auf der Prozess- und Ergebnisevaluation. Hierbei werden u.a. Fachkräfteschulungen evaluativ begleitet und diese hinsichtlich ihrer Durchführung sowie mit Blick auf bestehende Hindernisse für die praktische Umsetzung der Schulungsinhalte untersucht. Außerdem findet die Sichtweise derjenigen, die die Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen, in der Evaluation Berücksichtigung. Dabei werden neben Beratungsleistungen auch Veränderungen auf individueller Ebene betrachtet. Darüber hinaus wird die Reichweite des Projekts im Zusammenhang mit der Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit analysiert.

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PANOS – ParkinsonNetzwerk Ostsachsen

PANOS hat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung von Parkinson-Patientinnen und -Patienten in der Region Ostsachsen nachhaltig zu verbessern. Dies geschieht auf Basis eines digital unterstützten integrierten und sektorenübergreifenden Versorgungskonzepts.

Die Versorgung von Menschen mit chronischen, altersbezogenen Erkrankungen wie der Parkinson-Erkrankung stellt eine zentrale versorgungsmedizinische Herausforderung dar. Die Region Sachsen ist hierbei besonders betroffen: Zum einen hat die Bevölkerung das bundesweit höchste Durchschnittsalter, zum anderen lebt ein Bevölkerungsanteil von über 50 Prozent im ländlichen Raum fernab einer ausdifferenzierten medizinischen Infrastruktur.

Die Prävalenz des idiopathischen Parkinson-Syndroms wird mit der demografischen Entwicklung weiter ansteigen. Schon heute leben über 32.000 Parkinson-Betroffene in Sachsen, 41 Prozent dieser Patientinnen und Patienten werden nicht neurologisch, sondern hausärztlich betreut. Um der zunehmenden Anzahl der Betroffenen und den steigenden Anforderungen an die Therapie gerecht zu werden, ist ein Zusammenschluss in einem spezialisierten Behandlungsnetzwerk notwendig.

Im Rahmen von PANOS soll ein digital unterstütztes, intersektorales und pfadbasiertes Versorgungskonzept nachhaltig etabliert werden. Der Fokus liegt dabei auf der Krankheitsspätphase. Ein strukturierter Behandlungspfad bildet die Basis für eine einheitliche, qualitätsgesicherte und effiziente Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Das Behandlungskonzept von PANOS basiert auf sechs Säulen:

  1. Netzwerk: Ausbau eines intersektionalen und integrierten Versorgungsnetzwerkes
  2. Behandlungspfad: Struktur als Grundlage von Qualität und Effizienz
  3. Intersektorale elektronische Patientenakte und digitale Sensorik: Digitale Innovation als Basis einer gemeinschaftlichen pfadbasierten Patientenbetreuung
  4. Parkinsonlotsinnen und -lotsen als intersektorale Case Manager/-innen und persönlicher Ansprechpartner/-innen für Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer: Personelles Rückgrat des Netzwerkes
  5. Patientenschule und Fortbildung als Grundlage einer standardisierten Behandlung: Wissensdissemination für Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer
  6. Evaluation: Welche Effekte hat PANOS als versorgungsmedizinische Intervention?

Das inav übernimmt im Projekt PANOS insbesondere Aktivitäten im Bereich des Netzwerk- und Qualitätsmanagements. Dies umfasst u. a. die Identifikation, Priorisierung und Ansprache potenzieller Netzwerkpartner. Ziel ist der Aufbau eines lebendigen Netzwerks von Akteuren, die in die Parkinson-Versorgung in Ostsachsen involviert sind. Darüber hinaus erhebt und verarbeitet das inav gemeinsam mit weiteren Konsortialpartnern Daten zur Sicherung der Netzwerkstruktur sowie der Prozess- und Ergebnisqualität.

Die finanzielle Förderung von PANOS erfolgt aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch die Bundesregierung. Die Maßnahme wird zudem mitfinanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Weitere Informationen

www.panos.care

 

Begleitung von Parkinson Netzwerken

Bereits seit 2020 begleitet das inav verschiedene Parkinson Netzwerke in Deutschland. Im Rahmen der Arbeitsgruppe „Netzwerke und digitale Versorgung“ der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen sind wir für eine Vernetzung auf Bundesebene aktiv. Mit dem Parkinson Netzwerk Deutschland wird es hierfür zukünftig eine übergeordnete Struktur geben, die Aufgaben der Koordination, Kommunikation, Qualitätssicherung, Öffentlichkeitsarbeit und bundesweiten Vernetzung übernehmen wird.

Parkinsonnetzwerk-Kongress 2022

Ein wichtiges Forum für den Know-how-Transfer und die Vernetzung der regionalen Netzwerke untereinander ist der Parkinsonnetzwerk-Kongress, der 2022 bereits zum dritten Mal stattfand. Nachdem die Veranstaltungen in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt online stattfanden, konnte der Kongress 2022 erstmals in Präsenzform in Berlin stattfinden. Insgesamt kamen 100 Teilnehmende zu der Veranstaltung im Willy-Brandt-Haus, darunter Ärzt:innen, Therapeut:innen, Wissenschaftler:innen sowie Vertreter:innen der Kostenträger und der Industrie.

In Impulsvorträgen, Podiumsdiskussionen, Workshops und den Fachsymposien der Sponsoren erarbeiteten die Teilnehmenden Lösungen für die Herausforderungen der Parkinson-Versorgung. Erörtert wurde u. a. die hohe Bedeutung einer multiprofessionellen Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die alle an der Parkinson-Versorgung Beteiligten einschließt. Dazu gehören neben haus- und fachärztlichen Praxen und Kliniken beispielsweise physiotherapeutische und logopädische Praxen, Parkinson-Lotsinnen und -Lotsen, spezialisierte Pflegekräfte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelanbieter sowie weitere Initiativen wie Bewegungsangebote für Parkinson-Patientinnen und -Patienten.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt war zudem die Vergütung von Netzwerkarbeit. „Parkinsonnetzwerke spielen für eine bessere Versorgung von Parkinson Patientinnen und -Patienten eine entscheidende Rolle. Aber die Netzwerkarbeit ist auch mit einem höheren Aufwand verbunden und dieser sollte vergütet werden. Im Workshop haben wir intensiv darüber diskutiert, wie das möglich wäre. Ein Vorbild könnte der Fachbereich Psychiatrie sein, in dem solche Leistungen bereits in der Regelversorgung angekommen sind“, fasste Co-Moderator Sebastian Wachtarz, Director Government Affairs & Public Affairs, AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, das Ergebnis zusammen.

Den Ergebnisbericht des Parkinsonnetzwerk-Kongresses 2022 können Sie als PDF-Datei herunterladen.

Im Namen der Arbeitsgruppe „Netzwerke und digitale Versorgung“ bedanken wir uns herzlich bei den Sponsoren des Kongresses für die Unterstützung der Veranstaltung.

Gold-Sponsor: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG

Silber-Sponsoren: Esteve Pharmaceuticals GmbH, STADAPHARM GmbH

Bronze-Sponsoren: Abbott Medical GmbH, Bial Deutschland GmbH, Boston Scientific Medizintechnik GmbH, Zambon GmbH

Der nächste Parkinsonnetzwerk-Kongress wird voraussichtlich am 2. und 3. Dezember 2023 stattfinden.

Fokusgruppen Hausärzteinformation Organspende

Im Januar 2020 beschloss der Deutsche Bundestag einige Reformen in den Gesetzen zur Organspende. Die bis dato geltende Entscheidungslösung bleibt unverändert. Jedoch soll zukünftig die Auseinandersetzung mit und die Aufklärung zu Organ- und Gewebespenden gefördert sowie die persönliche Entscheidung besser dokumentiert werden. Im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende ist u.a. die Einrichtung eines sogenannten Online-Registers geplant sowie die Möglichkeit für Hausärztinnen und Hausärzte, ihre Patientinnen und Patienten alle zwei Jahre über Organ- und Gewebespenden ergebnisoffen zu beraten.

Vor dem Hintergrund dieser Neuerungen beabsichtigte die BZgA, das bestehende Informationsmaterial für Hausarztpraxen zu aktualisieren und in der Überarbeitung die Bedürfnisse der Hausärztinnen und Hausärzte mit einfließen zu lassen, um eine möglichst hohe Akzeptanz innerhalb der Zielgruppe sicherzustellen.

Ziel der Evaluation war es, den Inhalt der Broschüre „Aufklärung zur Organ- und Gewebespende. Ein Leitfaden für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte“ durch die Zielgruppe überprüfen zu lassen. Es sollte analysiert werden, welche Unterstützungsbedarfe seitens der Hausärztinnen und Hausärzte zum Thema Organ- und Gewebespende bestehen bzw. welche Aufbereitungsform der Zielgruppe wünschenswert erscheint. Die Evaluation wurde durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Auftrag gegeben.

Zur Messung wurden im Sinne eines Mixed-Methods-Ansatzes sowohl qualitative als auch quantitative Erhebungsmethoden eingesetzt. Hierbei wurde u.a. erfasst, welches Optimierungspotenzial die Zielgruppe in der Darstellung und hinsichtlich der thematisierten Inhalte der Broschüre sieht. Darüber hinaus werden mögliche Unterstützungsbedarfe sowie die Praktikabilität verschiedener Darstellungsformen erhoben.

Foto: freepik | tirachardz